Montag, 21. Juni 2010

Ölkatastrophe: Weiteres PR-Debakel für BP #pr-gau #bp

Der britische Energieriese BP versinkt immer tiefer in Problemen um die Ölpest im Golf von Mexiko. Eine erneute Panne lähmte das Abpumpen ausströmenden Öls, der Beistand von Partnerunternehmen bröckelt. Zusätzlichen Zorn zog BP-Konzernchef Tony Hayward mit einem Segeltörn auf sich.

Lupe

 

HB LONDON/WASHINGTON. Im Kampf gegen die Ölpest kann der britische Energiekonzern BP die Serie von Pleiten, Pech und Pannen nicht stoppen. Das Absaugen des ausströmenden Öls im Golf von Mexiko musste am Samstag fast für einen halben Tag unterbrochen werden. Der Tanker Discoverer Enterprise stellte vermutlich nach einem Blitzschlag seinen Betrieb verübergehend ein. Als die Panne passierte, segelte BP-Konzernchef Tony Hayward gerade auf seiner Yacht "Bob" vor der englischen Küste.

Für die Teilnahme an einer Regatta um die Isle of Wight im Ärmelkanal erntete er beißende Kritik. Der republikanische US-Senator Richard Shelby nannte das Verhalten Haywards den "Gipfel der Arroganz". Hayward solle mit seiner Yacht lieber im Ölpest-Gebiet sein und "saubermachen". Kritik kam auch von Greenpeace. Der BP-Chef "reibt Salz in die Wunden" der Menschen, die mit den Folgen der Katastrophe leben müssen, sagte Greenpeace-Berater Charlie Kronick am Sonntag.

Das Weiße Haus in Washington kritisierte den Ausflug als "einen weiteren aus einer ganzen Reihe von PR-Ausrutschern und Fehlern". Der enge Vertraute von Präsident Barack Obama, Stabschef Rahm Emanuel, sagte dem US-Sender ABC: "Ich glaube, wir kommen alle zu dem Schluss, das Tony Hayward nicht vor einer Zweitkarriere als PR-Berater steht."

Und die Ölpest entwickelt sich auch für US-Präsident Barack Obama immer mehr zu einem PR-Desaster. Küstenbewohner von Louisiana bis Florida reagierten empört auf Berichte, dass Obama und Vizepräsident Joe Biden sich am Samstag in Washington bei einer Runde Golf entspannten. In Twitter-Diskussionen wurde ihr Verhalten mit dem von BP-Vorstandschef Tony Hayward verglichen.

Die sich ausbreitende Empörung über das Verhalten der Oberen spiegelte sich auch in Umfragen wider: Mehr als die Hälfte - 52 Prozent - der in einer Umfrage von AP-GfK befragten US-Bürger bezeichneten Obamas Krisenmanagement als unzureichend. Ein Fischer in Grand Isle in Louisiana, Dwayne Price, reagierte sarkastisch: "Es sieht so aus, als ob sich unsere Regierung und die Chefs von BP später drum kümmerten."

BP verteidigte seinen Chef. Haywards Ausflug sei sein erster freier Tag seit Beginn der Ölpest vor knapp neun Wochen gewesen, sagte ein BP-Sprecher. Hayward hatte nach Firmenangaben auch seinen Sohn mit an Bord, für den er zuletzt kaum Zeit hatte. Haywards Jacht "Bob" belegte bei der Regatta in ihrer Klasse den vierten Platz. Der Wert der 16 Meter langen Jacht beträgt einschlägigen Listen zufolge fast 700 000 Dollar (565 000 Euro).

"Wir können nicht einmal mehr zum Fischen rausfahren, und er geht zu Jacht-Rennen", schimpfte Küstenbewohner Bobby Pitre aus Louisiana. "Ich wünschte, wir könnten uns auch einmal einen Tag frei vom Öl nehmen." Mike Strohmeyer aus Louisiana sagte, Hayward sei "einfach gefühlskalt". "Ich denke, er sollte mit jemandem da draußen sein und versuchen, das Leck zu stopfen."

Auch wirtschaftlich wird es immer schwieriger für BP. Der US- Erdölkonzern Anadarko, Miteigentümer der gesunkenen Bohrinsel "Deepwater Horizon", geht auf Distanz zu seinem Partner und will Folgeschäden durch ausgelaufenes Öl nicht zahlen. Dafür komme nur der Energieproduzent auf, teilte der US-Konzern mit. BPs Maßnahmen und Krisenmanagement "verkörpern wahrscheinlich grobe Fahrlässigkeit oder vorsätzliches Missverhalten". Gemäß einer Klausel in einer gemeinsamen Vereinbarung müsse in solchen Fällen nur BP als Betreiber für Schäden haften. Die Briten wiesen dies zurück. Alle Kosten würden geteilt, auch die einer Ölpest.

Laut Medienberichten hat BP bei mehreren Banken Milliardenkredite angefragt, um die Folgekosten der Ölpest zu begleichen. Bislang hieß es, der Konzern sei finanziell stark genug. Die Ratingagenturen Fitch und Moody's stuften zuvor BPs Kreditwürdigkeit herab.

Unternehmensintern war der BP-Chef am Freitag aus der Schusslinie genommen worden. Das Tagesgeschäft im Kampf gegen die Ölpest wird nun von Bob Dudley übernommen, seit 2009 geschäftsführender Direktor des Ölkonzerns. Dies bedeute nicht, dass Hayward zurücktrete, betonte eine Unternehmenssprecherin. "Bis die akute Phase dieser Krise vorbei ist, bis das Leck geschlossen ist, ist Tony Hayward eindeutig zuständig für die Beantwortung dieser Krise."

Nach jüngsten Schätzungen fließen täglich 35 000 bis 60 000 Barrel (zwischen 5,5 und 9,5 Mio. Liter) Rohöl aus dem beschädigten Bohrloch in das Randmeer. Das Abpumpen von einem Teil des auslaufenden Öls erfolgt laut BP nun wieder planmäßig. Wie viel Öl aufgefangen wird, sagt BP nicht. Der Tanker kann täglich 18 000 Barrel auffangen.

 

Posted via web from stadtgespraech's posterous

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen