Sonntag, 18. April 2010

PR-Flop WePad: Der talentierte Mr. von Ankershoffen

Gefloppte Produktvorstellung: Beim Debüt des WePads ging vieles schief. Quelle: ReutersLupe

Gefloppte Produktvorstellung: Beim Debüt des WePads ging vieles schief. Quelle: Reuters

DÜSSELDORF. Geheimnisvoller als beim Technologieriesen Apple sollte es werden, niemand außer dem aufgeregten Mann mit dem schwarzen Anzug, dem roten Schal und den wirren Haaren durfte „es“ berühren. Das WePad, die deutsche Antwort auf das amerikanische Wunder-Tablet iPad, dessen Marktstart in Deutschland gerade gestern erst um einen Monat auf Ende Mai nach hinten verschoben wurde, weil man mit der Fertigung des Traums in Alu und Glas gar nicht hinterherkommt.

Zunächst lief alles gut für den Geschäftsführer der bis dato nahezu unbekannten Neofonie AG mit dem außergewöhnlichen Namen Helmut Hoffer von Ankershoffen. Als David im Kampf gegen Goliath hielt er die üblichen Reden, Powerpoint-Präsentationen, wichtige Testemonials von wichtigen Leuten. Doch dann kam der gefährliche Teil für den 37-Jährigen. Der Moment der Wahrheit, wenn die Szene das neue Spielzeug sehen will, rumspielen will, Knöpfe drücken.

Sein Kompagnon, Stefan Odörfer, er ist der Techniker von beiden, presste bei der Präsentation das WePad fest mit beiden Händen schützend auf den Tisch. „Können Sie das Gerät mal bedienen?“ kam die schüchterne Frage – „Nein.“ Stille. „Warum nicht?“ „Wir haben den Touchscreen deaktiviert, damit nicht jeder damit rumspielt.“ Aha. So ist das also.

Doch es kommt noch besser, wie ein Video, das über Youtube abgerufen werden kann, dokumentiert: Auf die erneute Bitte, das Gerät zu bedienen, lautete die Antwort nur „Ne, dafür müsste ich den Touchscreen“ aktivieren. Auf die Aufforderung hin „Dann machen Sie doch“, holte der überforderte Protagonist zum finalen Rettungsstoß aus: „Das will ich aber nicht.“ Eine Journalistin meint, jetzt müsste doch mal einer die versteckte Kamera herausholen. Doch von Scherz keine Spur. Die meinen das ernst.

Die Branche ist bestürzt. Ist das der Cargolifter der IT-Industrie?

Die Show des talentierten Mr. von Ankershoffen geht weiter. Es gab Preise für das WePad, Liefertermine, Ausstattungsdetails. Das WePad sei dem iPad durchaus ebenbürtig und übertreffe es in vielen Funktionen sogar, pries der Neofonie-Chef die eigene Entwicklung. Wo das iPad sich elegant und exklusiv gebe, solle die Berliner Variante vor allem nützlich und erschwinglich sein. Der deutsche Tablet-PC soll sogar mehr bieten als das iPad: Eine Kamera gehört zu seiner Ausstattung, Geräte wie externe Festplatten oder Drucker lassen sich anders als beim großen Bruder von Apple einfach per USB anschließen.

Und noch hielt der potemkinsche Tablet, selbst als Helmut Hoffer von Ankershoffen seinen Tablet-PC mit Linux-Betriebssystem verkrampft in die Kameras hielt. Da lief immer das gleiche automatische Programm ab, wie von Geisterhand gesteuert. Nur einmal tauchte auf dem Bildschirm diese teuflische Box auf. Was die zahlreichen Kameras verschiedener TV-Sender da aufzeichneten, bleibt zunächst unbemerkt: Es war eine Fehlermeldung, aber keine des freien Betriebssystems Linux, sondern von Microsoft-Windows. Zum Schluss wurden noch Äpfel mit WePad-Logo verteilt, wie neckisch.

Am nächsten Tag brach das Kartenhaus von Neofonie zusammen. „Oh Gott, es ist Windows!“ stand, in Rot auf einen abfotografierten Screenshot gekrakelt, im Internet, die Box säuberlich eingekreist. „Ja“, räumte man bei Neofonie ein, es war nur ein Demo-Video, abgespielt auf Windows. Warum? Das Gerät war im Zoll hängengeblieben, der Akku nicht geladen, aber das wollte niemand mehr wissen. Erwischt!

Die Branche ist bestürzt, das Gelächter schallend. Ist das der Cargolifter der IT-Industrie? Ist das WePad noch zu retten? „Ja“, springt Hans-Jürgen Werner von Intel Deutschland den beiden Unternehmern auf Anfrage zur Ehrenrettung bei. Er habe, genau wie der Intel-Europachef, das Vorgängermodell selbst in den Händen gehalten und mit dem echten Betriebssystem getestet. „Es lief gut“, sagt er.

Und Stefan Odörfer, der Partner des rotbeschalten von Ankershoffen und Gründer der 4tiitoo AG, sieht im Gespräch mit dem Handelsblatt ein, dass es wohl ein Fehler war, nicht auf einen anderen, späteren Termin auszuweichen. Genau das passiert jetzt ohnehin. Am 26. April kommt der große Entschuldigungsauftritt, quasi die Pressekonferenz 2.0. Der erste Comeback-Versuch noch vor dem Start. Immerhin, auch das ist eine Leistung. Den Rest testen wir noch mal am 26. April. Mit anfassen.

Posted via web from stadtgespraech's posterous

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