Freitag, 20. November 2009

Mickeleit (Microsoft) über Social Media: "Journalisten haben Monopol verloren"

Thomas Mickeleit, Director Communications bei Microsoft.
Thomas Mickeleit, Director Communications bei Microsoft.

Mickeleit über Social Media: "Journalisten haben Monopol verloren"

veröffentlicht am 20.11.2009 um 15:12 Uhr · Digital · Artikel

Einweg-Kommunikation funktioniert heute nur noch bedingt. Unternehmen, die auf Social-Media-Plattformen schweigen, geben die Kontrolle ganz aus der Hand. Dagegen könnten Sie vom Dialog profitieren. Das bekräftigt auch Thomas Mickeleit, Director of Communications bei Microsoft im Interview mit Werben & Verkaufen.

W&V Das Feld Social Media ist groß – wer muss in einem Unternehmen die Verantwortung übernehmen?
Mickeleit Alle Bereiche. Schon die Abgrenzung zwischen Marketing und PR wird unscharf. Insofern ist eine enge Abstimmung zwingend erforderlich. Bei Microsoft gibt es – im positiven Sinn – ein buntes Nebeneinander. Allein die Zahl der beruflich motivierten Blogs von Mitarbeitern liegt bei etwa 5000. Daran sehen Sie, Social Media ist keine Frage von Marketing oder PR.

W&V Aus Sicht eines Kommunikationschefs muss das beängstigend sein.
Mickeleit Wer sich in Social-Media-Angeboten engagiert, stimmt unweigerlich einem weitgehenden Kontrollverlust zu. Mitarbeiter können sie bedingt beeinflussen, Konsumenten machen dagegen, was sie wollen. Es lässt sich nicht bestimmen, was mit Ihren Informa­tionen oder Ihrer Marke passiert. Aber die Option, Social-Media-Sites außen vor zu
lassen, existiert nicht. Sie können bestenfalls festlegen, wie sehr Sie sich engagieren.

W&V Aus PR-Perspektive stellen die neuen Kanäle ebenfalls ein wichtiges Instrument dar.
Mickeleit Social-Media-Tools gehören unbestritten fest zum Kommunikationsmix. Zum Launch von Windows 7 gab es beispielsweise mit Microsoft-Geschäftsführer Achim Berg ein Interview via Twitter mit Stern.de. Facebook nutzen wir als Kommunikationsplattform für unsere Gründerinitiative. Aber trotz aller Erfahrung, wir sind noch stark am Experimentieren.

W&V Was sind die Erfolgsfaktoren, um sich als Unternehmen in diesem Feld zu bewegen?
Mickeleit Die Spielregeln der Communities sind unbedingt einzuhalten. Plattes Marketing funktioniert nicht, und jede Kommunikation muss für die Zielgruppe Mehrwert liefern.

W&V Spielen Einträge in Blogs, in Foren und Twitter-Meldungen für Sie die gleiche Rolle wie Berichte in etablierten Medien?
Mickeleit Aus Unternehmenssicht ist die Verbreitung von Informationen über Medien nur ein Kanal. Blogs, Communities wie Flickr oder Facebook stellen weitere Kanäle dar. Journalisten haben durch die neue Vielfalt ihr Monopol als Multiplikatoren verloren. Sie behalten zwar weiter eine wichtige Rolle als Gatekeeper, künftig aber neben anderen Meinungsmachern.

W&V Lässt sich die Bedeutung einzelner Kanäle angesichts der Vielfalt bestimmen?
Mickeleit Relevanz hat mit der Qualität zu tun, mit der Reichweite und mit dem Grad der Verlinkung. Das können Sie messen. Aber steckt jemand dahinter, der das professionell betreibt, oder ein sporadischer Feierabend-Blogger? Das lässt sich nicht rein über Zahlen qualifizieren, damit muss sich jemand intensiv beschäftigen.

W&V Twitter und Blogs verbreiten Themen sehr schnell. Können Sie noch mithalten?
Mickeleit Heute werden wir nur noch selten überrascht. Wenn jemand über einen relevanten Kanal etwa über Windows 7 wettert, weiß ich das fünf Minuten später. Im Zweifelsfall müssen Sie sofort reagieren. Aber das Aufrüsten findet auf beiden Seiten statt. Per Windows Phone werde ich automatisch immer und überall informiert.

W&V Sind die Auswirkungen von negativer On- und Offline-PR identisch?
Mickeleit Aus Sicht des Issue-Managements hat sich der Mechanismus nicht verändert. Erst wenn sich ein Thema in den großen klassischen Medien wiederfindet, hat sich die Gefahr realisiert. Schafft es ein Issue nicht in die Offline-Welt, müssen wir in der Regel auch nicht groß reagieren. Das Problem: Die möglichen Konsequenzen gilt es inzwischen sofort einzuschätzen.

Mehr zum Thema Social Media und die "Spielregeln im sozialen Netz" lesen Sie in der aktuellen Werben & Verkaufen (EVT 19.11.2009). Die Serie wird in den nächsten Ausgaben fortgesetzt.

Posted via web from stadtgespraech's posterous

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